Zuerst dachte ich, das schafft man nur mit einer Therapie. Doch nach nur sechs Stunden Coaching gelingt es diesem Mann, wieder nach vorne zu schauen und in ein neues selbständiges Leben zu starten.
Als dieser große blonde Mann im letzten Jahr völlig verzweifelt zu mir kam, war ich in großer Sorge, ob ich ihm in kurzer Zeit helfen konnte. Ich habe jahrelange Erfahrung als Leiterin der Personalentwicklung und meine Coaching-Methode basiert auf dem lösungsorientierten Kurzcoaching nach Sabine Asgodom. Ebenso bin ich ein großer Fan der positiven Psychologie. Das heißt, ich schaue nicht sehr lange auf die „böse“ Vergangenheit, sondern widme mich den Möglichkeiten der Zukunft. Nur wenn jemand einen großen „Rucksack“ mitbringt, muss er diesen zuerst einmal loswerden bzw. wissen, was er davon noch gebrauchen kann bzw. wissen, wie er damit umgeht.
Wie gesagt, dieser Mann kam zu mir als er an einem Punkt in seinem Leben angekommen war, der ihn im Moment verzweifeln lies. Seine Frau hatte ihn nach fast 20 Jahren vor einem Jahr verlassen nachdem er arbeitslos geworden war. Er hat zwei Töchter im Teenageralter, die bei ihm wohnen und eine pflegebedürftige Mutter, die seit einem Jahr Witwe ist. Das Haus, in dem sie wohnen, ist mittlerweile renovierungsbedürftig und auch noch nicht schuldenfrei. Er wusste nicht mehr, wie er die fällige Autoversicherung zahlen sollte, nachdem die Rechnungen für die Therapie seiner Mutter gezahlt wurden.
Für Andere sind wir immer gut im Lösungen finden. Für uns selbst sind wir so oft ratlos.
Was machen wir in so einem Fall beim Coaching. Wir versuchen die ganzen Umstände für einen Moment auszublenden und besinnen uns auf ein Ziel. Und das ist gar nicht so einfach, wenn man schon mal den Kopf in den Sand gesteckt hat. Den muss man wieder herausziehen und sich schütteln, damit der Sand, der noch im „Getriebe“ steckt, auch wirklich herausfällt. Wenn ein Mensch aber die Bereitschaft hat, zu einem Coach zu gehen, dann hat er auch noch mindestens einen Funken Hoffnung und den Willen, die heutige Situation zu ändern.
Da in diesem Fall mehrere Lebensbereiche betroffen waren, haben wir uns den vermeintlich Wichtigsten herausgezogen und entschieden, dass wir daran gemeinsam arbeiten.
Wie kommt dieser Mann wieder an einen Job,
der ihm Spaß macht und womit er sich und die Familie soweit über Wasser halten kann, damit er wieder ein selbstbestimmtes und glückliches Leben führen kann.
In fast allen Fällen gibt es mehrere Alternativen. Und auch hier. Wir haben sogar zwölf verschiedene Alternativen gefunden von z. B. sich selbständig machen bis hin zu reich heiraten :-). Diese Möglichkeiten hat er bewertet und wir haben gemeinsam darauf geschaut, wie realistisch die einzelnen Punkte sind, welche Kenntnisse er mitbringt und welche er noch benötigt.
Ganz konkret haben wir dann drei Möglichkeiten auf Realisierung hin abgeklopft, Aufgaben und die nächsten Schritte festgelegt. Dadurch hat der Klient wieder Mut geschöpft und auch einen gewissen Tatendrang entwickelt, um die vereinbarten Termine auch einhalten zu können.
Natürlich gibt es auch Hindernisse, die uns zurückwerfen.
Aber genau die müssen wir uns gemeinsam anschauen und als Coach kann ich hier sehr gut begleiten, damit die Klienten nicht in die alten Verhaltensmuster zurückfallen. Gemeinsam haben wir also Lösungen entwickelt und geschaut, wer hier unterstützen kann. Wir müssen nicht immer alles alleine auf unseren eigenen Schultern tragen. Davon bekommen wir nur Rückenschmerzen. Auch wenn wir das wissen, fällt es uns immer wieder schwer, uns Unterstützung zu holen.
Endlich ist die Entscheidung getroffen, auf zu neuen Ufern – aber wie bewerbe ich mich nach zwanzig Jahren?
Als klar war, in welche berufliche Richtung es gehen sollte, hat der Klient nun nach freien Stellen in Zeitungen und anderen Medien gesucht. Er hat seinen Bekanntenkreis informiert, dass er eine neue Aufgabe sucht. Es gab viele Möglichkeiten für ihn, die ihm gefielen und er sich vorstellen konnte. Nur hatte er sich seit über zwanzig Jahre nicht mehr richtig beworben. und wie sollte er da ein Einstellungsgespräch überstehen?
Das ‚reine‘ Coaching haben wir dann unterbrochen, und ich habe ihm beim Schreiben von Bewerbungen unterstützt. Als die ersten Einladungen zu Vorstellungsgespräch eintrudelten, wuchs die Aufregung. Wir haben dann gemeinsam Bewerbungsgespräche geübt, fiktive Einstellungsgespräche mit der Videokamera aufgezeichnet und gemeinsam analysiert. Somit war er auch nach so vielen Jahren wieder sicher im Auftreten und gut vorbereitet.
Ende gut, alles gut.
Er hat es geschafft, den Job zu bekommen, der er am meisten favorisiert hat. Auch nach einem Jahr ist er noch dabei und hat Aussichten auf eine Beförderung, was ihn besonders stolz macht.
Die privaten Themen geht er nach und nach an und kann seine Entscheidungen mit einem neuen Selbstbewusstsein treffen.
Wir sind uns einig, dass diese sechs Coaching-Stunden die effektivste Zeit seines Lebens war.
Er ist dankbar und glücklich, dass er sich Unterstützung geholt hat.
Und mir als Coach hat sein Erfolg natürlich eine Menge Freude bereitet und mich ebenso glücklich gemacht.